Manuelle Arbeitsprozesse

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Art der Gefährdungen und ihre Wirkungen

"Manuelle Arbeitsprozesse" ist eine Belastungsart, bei der gleichförmige, sich wiederholende Bewegungsabläufe und Kraftaufwendungen der Hände und Arme meist im Sitzen oder Stehen ausgeführt werden. Dabei können Instrumente, kleinere Werkzeuge oder handgeführte Maschinen verwendet werden. Der Arbeitsgegenstand wird bearbeitet (verändert) oder bewegt. Zumeist handelt es sich um Arbeitsgegenstände mit geringerem Gewicht (bis ca. 3 kg). Diese Angabe bezieht sich nur auf das Gewicht der Arbeitsgegenstände und ist nicht zu verwechseln mit den tatsächlich aufzubringenden Kräften. Mit verschiedenen Arten des Greifens wie Fingergriff, Umfassungsgriff und Kontaktgriff werden Handlungen wie Drücken, Fügen, (längeres) Halten, Drehen und Führen ausgeführt. Typische Kennzeichen von manuellen Arbeitsprozessen sind oft fest vorgegebene Arbeitsinhalte und ‑abläufe sowie Hand- und Fingeraktivitäten bei meistens statischer Rumpfhaltung. Fast immer bestehen hohe Anforderungen an die Geschicklichkeit und an das Detailsehen.

Die Belastungshöhe hängt bei manuellen Arbeitsprozessen vorrangig von der Dauer der Tätigkeit und der Krafthöhe in Verbindung mit der Bewegungshäufigkeit bei dynamischen Vorgängen sowie der Haltedauer bei statischen Vorgängen ab. Hinzu kommen die Greifbedingungen, die Ausführungsbedingungen (Detailerkennbarkeit, Blendung, klimatische Bedingungen), die Hand-/Arm-Stellung und die Körperhaltung und Bewegung. Wie bei allen anderen Arten körperlicher Belastung ist die Arbeitsorganisation, d. h. die zeitliche Verteilung der Belastungen am Arbeitstag, von Bedeutung.

Die körperlichen Belastungsarten lassen sich in der Praxis manchmal nicht eindeutig voneinander abgrenzen. Wenn Lasten größer als etwa 3 kg bewegt werden müssen, ist eher die Belastungsart "Heben, Halten und Tragen" zu berücksichtigen. Werden Lasten auf Rollenbahnen bewegt, handelt es sich um die Belastungsart "Ganzkörperkräfte". Sind die aufzubringenden Kräfte so hoch, dass die Tätigkeit üblicherweise nicht mehr im Sitzen durchgeführt werden kann, sollte ebenfalls die Belastungsart "Ganzkörperkräfte" herangezogen werden. Das betrifft vorrangig Tätigkeiten, bei denen Spitzenkräfte oder kräftiges Schlagen vorkommen. Manchmal werden manuelle Arbeitsprozesse nicht stationär, sondern im Gehen oder Kriechen ausgeführt (z. B. Säen, Pflanzen, Ernten). In solchen Fällen sollte zusätzlich die Belastungsart "Körperfortbewegung" berücksichtigt werden. Häufig müssen manuelle Arbeitsprozesse in Zwangshaltung ausgeführt werden. Dann sollte auch die Belastungsart "Körperzwangshaltung" betrachtet werden.

Manuelle Arbeitsprozesse kommen sehr häufig und in vielfältiger Form vor. Betroffen sind Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise

  • Montagetätigkeiten,
  • Handhabung kleiner Handwerkzeuge (Fräsen, Bohren, Schleifen, Schneiden),
  • Nähen,
  • Kassieren,
  • Sortieren und Verpacken,
  • Pipettieren,
  • händisch Kontrollieren.

Beim Verrichten von manuellen Arbeitsprozessen werden überwiegend kleinere Muskelgruppen des Hand-Arm-Systems beansprucht. Besonders problematisch ist dies, wenn keine wirksamen Erholungspausen möglich sind. Häufig gekoppelt sind die Beschwerden im Hand-Arm-Schulter-Bereich mit Beschwerden im Rückenbereich als Folge langdauernder statischer Haltungsarbeit. Präzise Handbewegungen setzen einen unbeweglichen Rumpf voraus. Andauernde hohe Haltungskraft in Verbindung mit Bewegungsmangel überfordert die Strukturen der Wirbelsäule.

Bei entsprechender Belastungshöhe können manuelle Arbeitsprozesse zu Überbeanspruchungen der Gelenke, Muskeln, Sehnenansätze und Sehnen, des Sehnengleitgewebes und einzelner Kompartimente (z. B. Karpaltunnel) im Bereich der Hand, der Handgelenke und der Unterarme, Ellenbogen und Schultern führen. Dies kann zu akuten und chronischen Gesundheitsfolgen führen.

Beispiele für akute Beeinträchtigungen und chronische Gesundheitsschädigungen:

  • dauerhafte Schmerzen in den Händen, Armen und im Schulter-Nacken-Bereich auch ohne nachweisbare strukturelle Gewebeschäden,
  • degenerative Gelenkveränderungen (z. B. Arthrosen der Handgelenke = Zerstörung der Knorpelschicht, damit einhergehende Knochenveränderungen),
  • Kompressionssyndrom der Nerven (Karpaltunnelsyndrom und andere Kompressionssyndrome im Handgelenk und im Unterarm),
  • Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden im Handgelenk und im Unterarm,
  • degenerative Erkrankungen der Schulter: Rotatorenmanschettensyndrom (Schleimbeutelentzündung im Schultergelenk und Sehnenentzündung der Muskulatur), Impingementsyndrom (Einklemmung von Schleimbeutel und Sehne),
  • Schmerzsyndrome des Nackens mit Ausstrahlung in die Schulter durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule sowie durch Verspannungen der Schulter-Nacken-Muskulatur.

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