Ganzkörperkräfte

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Art der Gefährdungen und ihre Wirkungen

Die Belastungsart "Ausübung von Ganzkörperkräften" ist gekennzeichnet durch das Aufbringen von erheblichen Kräften mit dem gesamten Körper unter Einsatz großer Muskelgruppen mit überwiegend stationärer Kraftausübung.

Die Krafteinleitung erfolgt bei der Ausübung von Ganzkörperkräften größtenteils über die Hände, dabei ist eine Kraftfortleitung über Rücken, Beine und Füße möglich. Die erforderlichen Kräfte sind so hoch, dass diese Tätigkeiten üblicherweise nicht mehr im Sitzen ausgeführt werden können.

Die Belastungshöhe hängt bei der Ausübung von Ganzkörperkräften vorrangig von der Dauer der Tätigkeit und der Krafthöhe in Verbindung mit der Bewegungshäufigkeit bei dynamischen Vorgängen sowie der Haltedauer bei statischen Vorgängen ab. Die Körperhaltung und -bewegung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Hinzu kommen Faktoren wie die Symmetrie der Kraftausübung (einhändig, beidhändig), die Beschaffenheit der Kraftübertragung und Krafteinleitung (Greifbedingungen, erhöhte Haltekräfte), die Hand-Arm-Stellung bzw. -Bewegung, die räumlichen Bedingungen und die Umgebungsbedingungen (Hitze, Kälte, Vibrationen) sowie die Kleidung (Atemschutzausrüstung, Schutzkleidung). Wie bei allen anderen Arten körperlicher Belastung ist die Arbeitsorganisation, d. h. die zeitliche Verteilung der Belastungen am Arbeitstag, von Bedeutung.

Die körperlichen Belastungsarten lassen sich in der Praxis manchmal nicht eindeutig voneinander abgrenzen. Wenn Lasten größer als etwa 3 kg bewegt werden müssen und es sich um typische Umsetzvorgänge handelt, ist eher die Belastungsart "Heben, Halten und Tragen" zu berücksichtigen. Sofern die Tätigkeit gleichbleibende, kurzzyklische Arbeiten mit überwiegend geringeren Kräften und kleineren Werkzeugen beinhaltet, sollte die Belastungsart "Manuelle Arbeitsprozesse" herangezogen werden. Werden Ganzkörperkräfte in Zwangshaltung ausgeführt (z. B. Arme über Kopf, Hocken, Knien, Vorbeugen), sollte auch die Belastungsart "Körperzwangshaltung" betrachtet werden.

Die Ausübung von Ganzkörperkräften kommt in unterschiedlichen Branchen und Berufen vor. Betroffen sind Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise

  • Gussputzen bei Einzelfertigung,
  • Bewegen von Absperrschiebern,
  • Arbeiten mit Winden/Flaschenzügen, Drucklufthämmern, Kettensägen,
  • Arbeiten mit Hebeln, Brechstangen oder Hebebäumen,
  • Kuppeln von Eisenbahnfahrzeugen,
  • Schaufeln, Betonabziehen,
  • Werfen von Lasten,
  • Fenster einbauen,
  • Pflegetätigkeiten (Patiententransfer),
  • Montagearbeiten mit überwiegend hohen Kräften,
  • Verschrauben großer Bauteile,
  • Schlagen mit der Hand,
  • Hämmern,
  • Bedienen von (Handhebel-)Pressen,
  • Arbeit mit Manipulatoren und vergleichbaren technischen Hilfsmitteln,
  • Bewegen von Lasten auf Rollenbahnen/Kugelbahnen bei geringer Körperfortbewegung,
  • Festmachen (in Häfen).

Das Ausüben von Ganzkörperkräften führt durch den Krafteinsatz des gesamten Körpers zu motorisch- biomechanischer Beanspruchung insbesondere im Bereich der Muskeln und Gelenke der oberen und unteren Extremitäten sowie des Rückens. Es kann zu starker Kompression an den Kontaktpunkten (z. B. Hände, Handballen) kommen. Das Ausüben von Ganzkörperkräften ist mit einer Beanspruchung großer Muskelgruppen verbunden und kann damit energetisch belastend sein. Im engen Zusammenhang kann diese Belastungsart auch zu einer Beanspruchung des Herz-Kreislauf-Systems führen (körperlich schwere Arbeit).

Bei entsprechender Belastungshöhe kann das Ausüben von Ganzkörperkräften zu akuten Beeinträchtigungen und langfristig zu chronischen Gesundheitsschädigungen führen. Die Aufwendung von Maximalkräften ist immer als gefährlich einzustufen.

Beispiele für akute Beeinträchtigungen und chronische Gesundheitsschädigungen:

  • akute schmerzhafte Schädigungen mit deutlicher Funktionseinschränkung durch kurzzeitige hohe mechanische Belastung (z. B. Muskelzerrung nach Abrutschen, Knochenbruch als Unfallfolge, Blockierung eines Wirbelgelenkes bei Kraftaufwendung).
  • Beschwerden und Schmerzen im Bereich des unteren Rückens, in den oberen Extremitäten (Schultern, Arme, Hände) und in den unteren Extremitäten (Knie, Beine),
  • Rücken: diverse lumbale Schmerzsyndrome wie Kreuzschmerzen, Hexenschuss, Ischiassyndrom (ausstrahlend von Gesäß bis zum Bein), Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall,
  • degenerative Gelenkserkrankungen, Muskelverspannungen, Sehnenscheidenentzündung, Schädigungen der peripheren Nerven (z. B. Karpaltunnelsyndrom),
  • Gefäßschädigungen mit Durchblutungsstörungen im Bereich der Hand.

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