Einführung

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Häufigkeit körperlicher Belastungen im Erwerbsalltag und Präventionsstrategien

Mit den technischen Entwicklungen in der Arbeitswelt ergeben sich neue Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung. Diese können zu einer Verbesserung der Prävention von gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei körperlicher Arbeit beitragen. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass durch die veränderte Arbeitsgestaltung die körperliche Belastung auf ein vernachlässigbares Maß reduziert wird. Die regelmäßig vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Kooperation mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführten Befragungen von Erwerbstätigen weisen darauf hin, dass der Anteil der von körperlicher Belastung häufig Betroffenen in den letzten zwölf Jahren konstant geblieben ist. Die Tabelle 8.3 zeigt diesen Anteil für das Jahr 2018. Fast jeder Vierte gibt an, häufig schwere Lasten zu tragen, etwa jeder Zweite arbeitet im Stehen, knapp jeder Fünfte in Körperzwangshaltung und etwa 40 % der Beschäftigten arbeiten mit den Händen.

Tab. 8-3 Anteil der von körperlichen Belastungen häufig betroffenen unbefristet beschäftigten Männer und Frauen gesamt*
Arbeitsbelastunghäufig betroffen [%]davon fühlen sich belastet [%]
Heben und Tragen schwerer Lasten (Männer > 20 kg, Frauen > 10 kg)22,652,7
Arbeit mit Händen (hohe Geschicklichkeit, schnelle Abfolge, größere Kräfte)38,720,1
Arbeit im Stehen53,526,7
Arbeit im Sitzen52,927,9
Arbeit unter Zwangshaltungen (gebückt, hockend, kniend, liegend, Arme über Kopf)16,651,6

Fast ein Viertel der Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland geht auf die Diagnose "Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes" zurück (BMAS & BAuA, 2019, Tab. TD 4). Diese Beschwerden und Erkrankungen gehören somit zu den häufigsten Gründen für Arbeitsausfall in Deutschland. Sie verursachen zudem hohe volkswirtschaftliche Kosten durch Produktionsausfall und weitere Ausgaben, beispielsweise für medizinische Versorgung, Rehabilitation, Frühverrentung und Entschädigung.

Vor diesem Hintergrund ist die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen seit 2013 ein Schwerpunkt der Deutschen Gemeinsamen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Weiterhin verfolgte die europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) im Zeitraum 2020 bis 2022 das Ziel, Instrumente bereitzustellen und Lösungen anzubieten, die auf Arbeitsplatzebene zur Prävention arbeitsbedingter Muskel-Skelett-Erkrankungen beitragen können.

Durch Analyse, Bewertung und Beurteilung von Tätigkeiten und der daraus resultierenden Festlegung und Umsetzung präventiver Maßnahmen können eine zu hohe körperliche Belastung und daraus resultierend eine Überforderung vermieden oder minimiert werden. Hierzu sind geeignete Methoden für die Gefährdungsbeurteilung erforderlich. Auf solche Methoden wird in den Kapiteln 8.2 bis 8.7 zu den sechs Belastungsarten eingegangen. Dort finden sich ebenso Hinweise auf rechtliche Grundlagen, auf belastungsartspezifische Veröffentlichungen der Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer und der DGUV sowie auf Normen und Internetangebote.

Falls die Gefährdungsbeurteilung Hinweise auf eine erhöhte körperliche Belastung ergeben hat, leitet sich die Notwendigkeit zur Prävention aus einer Vielzahl von Gesetzen ab (ArbSchG, ArbStättV, ArbMedVV, LastenhandhabV, ArbzeitG, MuSchG, JArbSchG, PrävG). Informationen, Hilfestellungen und Angebote der Unfallversicherungsträger (z. B. DGUV-I 208-033, DGUV-I 208-053, Angebote der Unfallversicherungsträger zur Individualprävention) sind verfügbar. Das arbeitsmedizinische Handeln wird durch verschiedene Regeln oder medizinische Leitlinien sowie Empfehlungen unterstützt (z. B. AMR 13.2, Nationale Versorgungsleitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz, DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen). Zu beachten sind auch Regelungen zur betrieblichen Wiedereingliederung von Beschäftigten (§ 167 SGB IX) und ggf. zur Entschädigung von Berufskrankheiten (BKV).

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