Verletzung von Ruhezeiten und -pausen

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Vorschriften, Regelwerke, Literatur

Zu einem Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen siehe die Bereiche "Einführung Arbeitszeitgestaltung - Rechtliche Rahmenbedingungen", "Lange Arbeits- und arbeitsgebundene Zeiten - Arbeitsschutzmaßnahmen und Wirksamkeitskontrolle" sowie "Lange Arbeits- und arbeitsgebundene Zeiten - Vorschriften, Regelwerke, Literatur".

Ruhepause

Die Ruhepausen müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden bis zu neun Stunden pro Tag mindestens 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden mindestens 45 Minuten betragen; sie müssen im Voraus feststehen. Ist die genaue Festlegung einer Ruhepause nicht möglich, ist zumindest ein zeitlicher Rahmen festzulegen, in dem die Ruhepause genommen werden kann. Eine Arbeitsunterbrechung ist nur dann eine Ruhepause im Sinne des ArbZG, wenn sie mindestens 15 Minuten dauert (§ 4 ArbZG).

Ruhezeit

Zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn muss eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden liegen, bei Krankenhäusern kann sie auf 10 Stunden verkürzt werden, wenn innerhalb eines Monats oder vier Wochen ein Ausgleich stattfindet (§ 5 Absatz 1 und 2 ArbZG). In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen können Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden (§ 5 Absatz 3 Arb­ZG). Der rechtliche Rahmen für tarifvertragliche Abweichungsbefugnisse von diesen Regelungen ist in § 7 ArbZG geregelt.

Wöchentliche Ruhezeit

Die wöchentliche Ruhezeit wird durch ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot an Sonntagen sichergestellt (§ 9 ArbZG). Sofern Sonn- und Feiertagsbeschäftigung ausnahmsweise zulässig ist, wie z. B. im Krankenhaus (§ 10 Absatz 1 Nummer 3 ArbZG), muss den Arbeitnehmern bei Beschäftigung an einem Sonntag innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von 2 Wochen, bei Beschäftigung an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag innerhalb eines Zeitraumes von 8 Wochen ein Ersatzruhetag gewährt werden. Grundsätzlich soll die Sonn- und Feiertagsruhe bzw. der Ersatzruhetag unmittelbar mit einer werktäglichen Ruhezeit genommen werden (§ 11 ArbZG). Auf tarifvertraglicher Grundlage kann der Zeitraum geändert werden (§ 12 ArbZG).

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber trifft zudem die Pflicht, jede über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. D. h., es muss nach § 16 Absatz 2 ArbZG nicht nur die an den Werktagen über 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit, sondern auch die gesamte Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen dokumentiert werden.

Besondere Personengruppen

Jugendliche – § 11 Jugendarbeitsschutzgesetz
Jugendlichen stehen bei einer Arbeitszeit von 4,5 bis 6 Stunden mindestens 30 Minuten Pause zu, bei einer Arbeitszeit von sechs bis zur maximal erlaubten Arbeitszeit von 8,5 Stunden 60 Minuten.

Stillende Mütter – § 7 Mutterschutzgesetz
Stillenden Müttern steht während der Arbeit zusätzlich zu den normalen Pausen nach ArbZG eine Stillpause von mindestens 60 Minuten zu. Die Stillpause kann auch in zwei kürzere Stillpausen von mindestens 30 Minuten aufgeteilt werden. Bei einer Arbeitszeit von über 8 Stunden erhöht sich die Stillpause auf mindestens 90 Minuten bzw. auf zwei Blöcke von mindestens 45 Minuten.

Fahrpersonal – Artikel 7 VO (EG) Nummer 561/2006; Artikel 7 AETR
Nach einer Fahrt von 4,5 Stunden steht dem Fahrer eine Pause von 45 Minuten zu. Die Pause kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden.
Wenn ein Fahrer sein Fahrzeug 10 Stunden lenkt (zweimal wöchentlich möglich), muss er nach spätestens 9 Stunden Lenkzeit eine weitere Unterbrechung von 45 Minuten einlegen, die ebenfalls in entsprechende Teilabschnitte unterteilt werden kann.

Beschäftigte, die unter Druckluft arbeiten – § 21 Druckluftverordnung
Bei einer Aufenthaltszeit von mehr als 4 Stunden unter Druckluft steht Beschäftigten eine Pause von 30 Minuten zu.

Erholungszeiten

Erholungszeiten sind keine Pausen. Während der Erholungszeit können oftmals leichte, andere Arbeiten ausgeführt werden.

Mutterschutzgesetz

Bei Tätigkeiten mit ständigem Gehen, Stehen oder Sitzen ist der Schwangeren Gelegenheit zu kurzen Unterbrechungen zum Ausruhen zu geben. Die Arbeitszeit und die Pausen müssen an den Gesundheitszustand und die Arbeitsbedingungen der Schwangeren angepasst werden. Diese Regelungen können von der Aufsichtsbehörde oder aufgrund eines ärztlichen Attests festgelegt werden.

Hitze – Berufsgenossenschaftliche Information Nr. 579 „Arbeiten unter Hitzebelastung“

Entwärmungszeiten sind abhängig von Expositionsdauer und Arbeitsschwere. Sie sollten mindestens 15 Minuten in klimaneutralem Behaglichkeitsbereich betragen (d. h. bei normaler Raumtemperatur von ca. 19 Grad Celsius).

Kälte – Berufsgenossenschaftliche Regel 500, Kapitel 2.35 „Betreiben von Kälteanlagen“

Einer Aufenthaltszeit von 2 Stunden bei -25 Grad Celsius muss eine Aufwärmphase von mindestens 15 Minuten folgen. Bei Arbeiten in Räumen mit einer Temperatur von unter -45 Grad Celsius müssen die Aufwärmphasen in Absprache mit der Berufsgenossenschaft und der Arbeitsschutzbehörde festgelegt werden.

Ozonbelastung im Freien – LASI LV5

Bei schwerer körperlicher Arbeit werden zusätzliche Erholungsphasen, möglichst in geschlossenen Räumen, empfohlen.

Nässe – Gefahrstoffverordnung, Technische Regel für Gefahrstoffe 401 „Gefährdung durch Hautkontakt“, Ziffer 5.3 (TRGS 401)

Die Tragedauer von flüssigkeitsdichten Handschuhen sollte 4 Stunden nicht überschreiten. Ein Wechsel von Tätigkeiten mit und ohne Handschuhe ist anzustreben. Hautmittel sind nach Hautschutzplan anzuwenden.

Tragen von Atemschutz, Schutzkleidung – Berufsgenossenschaftliche Regel Nr. 190 „Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten“ (BGR 190), Berufsgenossenschaftliche Regel Nr. 189 „Regeln für den Einsatz von Schutzkleidung“ (BGR 189)

In Abhängigkeit von der Schutzausrüstung (Atemschutz, Schutzanzug) und der Arbeitsschwere gelten unterschiedliche Erholungszeiten (siehe BGR).
Die Erholungszeiten sollten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden.

Druckluft – § 21 Druckluftverordnung

Zwischen Aus- und Einschleusung muss ein Zeitraum von mindestens 1 Stunde in Normalatmosphäre liegen.

Überblick der wissenschaftlichen Belege liefern die folgenden Publikationen:

[1]        ALLMER, H. (1996). Erholung und Gesundheit: Grundlagen, Ergebnisse und Maßnahmen. Göttingen: Hogrefe

[2]        BACKHAUS, N.; BRAUNER, C. & TISCH, A. (2019). Auswirkungen verkürzter Ruhezeiten auf Gesundheit und Work-Life-Balance bei Vollzeitbeschäftigten: Ergebnisse der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2017. Zeitschrift für Arbeitswissenschaften, 73, 394–417. doi: 10.1007/s41449-019-00169-8

[3]        BEERMANN, B., AMLINGER-CHATTERJEE, M., BRENSCHEIDT, F., GERSTENBERG, S., NIEHAUS, M., WÖHRMANN, A. M. (2018). Orts- und zeitflexibles Arbeiten: Gesundheitliche Chancen und Risiken. 2. Aufl. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. doi: 10.21934/baua:bericht20170905

[4]        FISCHER, D.; LOMBARDI, D. A.; FOLKARD, S.; WILLETTS, J. & CHRISTIANI, D. (2017). Updating the „Risk Index“: A systematic review and meta-analysis of occupational injuries and work schedule characteristics. Chronobiology International, 34, 1323–1438. doi: 10.1080/07420528.2017.1367305

[5]        GEURTS, S. A. & SONNENTAG, S. (2006). Recovery as an explanatory mechanism in the relation between acute stress reactions and chronic health impairment. Scandinavian Journal of Work, Environment, and Health, 32, 482‒492.

[6]        MEIJMAN, T. F. & MULDER, G. (1998). Psychological aspects of workload. In: Drenth, P. J. D.; Thierry, H.; de Wolff, C. J. (Hrsg.). Handbook of Work and Organizational Psychology. Hove, UK: Psychology Press, 5–34.

[7]        NACHREINER, F.; WIRTZ, A.; DITTMAR, O.; SCHOMANN, C. & BOCKELMANN, M. (2010). Study to support an Impact Assessment on further action at European level regarding Di-rective 2003/88/EC and the evolution of working time organisation – Annex 1 – Study on health and safety aspects of working time

[8]        RAU, R. (2011). Zur Wechselwirkung von Arbeit, Beanspruchung und Erholung In Bamberg, E.; Ducki, A. & Metz, A. M. (Hrsg.). Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement in der Arbeitswelt. Ein Handbuch (S. 83–106). Göttingen: Hogrefe

[9]        BINNEWIES, C. & SONNENTAG, S. (2013). The application of diary methods to examine workers' daily recovery during off-job time. In Bakker, A. S. & Daniels, K. (Eds.). A day in the life of a happy worker (S. 72–84). London: Psychology Press

[10]     TUCKER, P. & FOLKARD, S. (2012). Working time, health and safety: A research synthe-sis paper. Conditions of work and employment series No. 31. Geneva: International Labour Office. http://www.ilo.org/public/libdoc/ilo/2012/112B09_106_engl.pdf. Zugegriffen am 04.05.2020

[11]     WAGSTAFF, A. S. & LIE, J.-A. S. (2011). Shift and night work and long working hours − a systematic review of safety implications. Scandinavian Journal of Work and Environmental Health, 37, 173–185. doi: 10.5271/sjweh.3146

[12]     WENDSCHE, J. & LOHMANN-HAISLAH, A. (2016). Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt: Pausen. Dortmund, Berlin, Dresden: Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

[13]     WENDSCHE, J. & LOHMANN-HAISLAH, A. (2017). Detachment als Bindeglied zwischen psychischen Arbeitsanforderungen und ermüdungsrelevanten psychischen Beanspruchungsfolgen: Eine Metaanalyse. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 71, 52–70. doi: 10.1007/s41449-017-0044-0

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