Lange Arbeits- und arbeitsgebundene Zeiten

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Einführung

Die Länge der Arbeitszeit bestimmt die Dauer der Arbeitsbelastung und damit auch wie viel Zeit für Erholung, soziale und andere Aktivitäten zur Verfügung steht. In vielen Studien und in Überblicksarbeiten wurde der Zusammenhang von langen Arbeitszeiten mit der Gesundheit von Beschäftigten, ihrer Work-Life-Balance und dem Unfallrisiko nachgewiesen (vgl. AMLINGER-CHATTERJEE, 2016; BANNAI & TAMAKOSHI, 2014; FISCHER et al., 2017; KIVIMÄKI et al., 2015; MÜLLER, TISCH & WÖHRMANN, 2018; NG & FELDMAN, 2008; VIRTANEN & KIVIMÄKI, 2018; WIRTZ, 2010).

Lange wöchentliche Arbeitszeiten

Die wöchentliche Arbeitszeit beschreibt, wie viele Stunden Beschäftigte in einer Woche arbeiten. Dabei weicht die tatsächliche Arbeitszeit häufig von der vertraglichen Arbeitszeit ab (vgl. Kapitel 10.3: Überstunden). Sowohl die Richtlinie 2003/88/EG als auch das ArbZG sehen eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche bei einer maximalen Arbeitszeit von 60 Wochenstunden vor. Wöchentliche Arbeitszeiten von 40 bis 48 Stunden gelten daher als lange und von über 48 Stunden als überlange Arbeitszeiten. Die durchschnittliche vertragliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland liegt bei etwa 38,5 Stunden (BAuA, 2016).

Tatsächlich arbeiten Vollzeitbeschäftigte in der Woche durchschnittlich 43,5 Stunden und damit im Durchschnitt fast 5 Stunden länger als vertraglich vereinbart. In der Länge der Arbeitszeit sind deutliche Geschlechterunterschiede erkennbar. Frauen arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit als Männer (vgl. Abb. 10.1-1). Über die Hälfte der Männer und ein Drittel der Frauen arbeitet zwischen 40 und 47 Wochenstunden. Fast ein Viertel der Männer und fast jede zehnte Frau arbeiten 48 Stunden oder mehr pro Woche.

Abb. 10.1-1 Tatsächliche Wochenarbeitszeit von abhängig Beschäftigten nach Geschlecht im Vergleich 2015 (n = 17 950) und 2017 (n = 8 725; Backhaus et al., 2018)

Tendenziell steigt mit zunehmender Länge der Arbeitszeit der Anteil der Beschäftigten, die gesundheitliche Beschwerden berichten (vgl. Abb. 10.1-2). So werden von Beschäftigten mit überlangen Arbeitszeiten von mindestens 48 Wochenstunden häufiger gesundheitliche Beschwerden wie Rücken- und Kreuzschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit, Erschöpfung, Niedergeschlagenheit sowie körperliche Erschöpfung berichtet. Auch die Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance nimmt bei längeren Arbeitszeiten ab und ist bei überlangen Arbeitszeiten deutlich reduziert.

Abb. 10.1-2 Gesundheitliche Beschwerden nach Länge der Arbeitszeit (abhängig Beschäftigte; 17 910 ≤ n ≤ 17 926; BAuA, 2016)

Lange tägliche Arbeitszeit

Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Pausen. Im Arbeitszeitgesetz ist eine tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden (bzw. 10 Stunden bei Ausgleich) festgelegt. Diese Arbeitsdauer stellt auch den Referenzzeitraum für wesentliche Aspekte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes dar, z. B. zur Bemessung von Grenzwerten bei Lärm oder Gefahrstoffen. Tägliche Arbeitszeiten von mehr als 10 Stunden werden daher als lange Arbeitszeiten bezeichnet.

Arbeitsgebundene Zeit

Nicht nur die tatsächliche Arbeitszeit, sondern auch noch weitere Zeit ist häufig aufgrund der Erwerbstätigkeit gebunden und kann nicht frei dazu genutzt werden, den eigenen Interessen oder privaten Verpflichtungen nachzugehen. Unter anderem gehören dazu auch Dienstreisen. Sie binden häufig Zeit, die über die eigentliche tatsächliche Arbeitszeit hinausgeht. Sie gehören bei über einem Drittel der Beschäftigten zur Arbeitstätigkeit (WÖHRMANN et al., 2020). Zusätzliche arbeitsgebundene Zeit ergibt sich häufig daraus, dass die Fahrtzeit nicht oder nur anteilig als Arbeitszeit anerkannt wird. Darüber hinaus wird bei Dienstreisen – genauso wie z. B. bei Bau- und Montagetätigkeiten – häufig auswärts übernachtet. Tatsächlich übernachtet über ein Viertel der Beschäftigten mindestens einmal im Monat aus beruflichen Gründen auswärts (WÖHRMANN et al., 2020).

Nebentätigkeiten

7 % der Beschäftigten in Deutschland (BAuA, 2016) gehen mehr als einer Erwerbstätigkeit nach. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Arbeitszeiten der verschiedenen Erwerbstätigkeiten aufsummieren und bestimmen, wie viel und welche Zeit für Erholung möglich ist. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Ausgleichszeiträume einzuhalten.

Art der Gefährdungen und ihre Wirkungen

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Ermittlung und Beurteilung

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Arbeitsschutzmaßnahmen und Wirksamkeitskontrolle

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Vorschriften, Regelwerke, Literatur

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Textbausteine für Prüflisten und Formblätter

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Autoren und Ansprechpartner

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