Ersticken, Ertrinken

Diesen Inhalt als PDF herunterladen

Arbeitsschutzmaßnahmen und Wirkungskontrolle

Arbeitsschutzmaßnahmen sind in aller Regel vor Aufnahme der Tätigkeit zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Beschäftigte nur einem akzeptablen, zumindest aber tolerablen Restrisiko zu ersticken bzw. zu ertrinken ausgesetzt sind.

Um dies zu gewährleisten, ist eine entsprechende Wirksamkeit der Maßnahmen vor Aufnahme der Tätigkeit zu kontrollieren. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die Maßnahmen dauerhaft wirksam bleiben. Dies ist in geeigneten Abständen zu kontrollieren. Dabei hat der Arbeitgeber eine stetige Verbesserung der Arbeitsbedingungen anzustreben (vgl. § 3, Absatz 1 ArbSchG).

Ersticken

Die Maßnahmen sind vorrangig darauf auszurichten, dass eine ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden ist (Anhang, Nr. 3.6 ArbStättV). Technische Regeln konkretisieren die Anforderungen, insbesondere ASR A3.6 Lüftung sowie DGUV Regel 109-002 Arbeitsplatzlüftung - Lufttechnische Maßnahmen.

Maßnahmen bei Tätigkeiten mit einem möglichen Sauerstoffmangel

Aufgrund des hohen Risikopotenzials ist stets zu prüfen, ob Arbeiten in solchen Gefahrenbereichen vermeidbar sind (z. B. Reinigungsarbeiten von außen oder Inspektionen mittels Kameratechnik).
DGUV Regel 113-004 legt in Abschnitt 4 Anforderungen und erforderliche Maßnahmen für Tätigkeiten in Behältern, Silos und engen Räumen fest, wie z. B.:

  • Festlegung der Zugangsverfahren und Gestaltung der Zugänge für Arbeit und Rettung, der Anschlagpunkte bzw. Anschlagskonstruktionen für persönliche Schutz-ausrüstung, Möglichkeiten des Abtrennens (z. B. der Zu- und Abgangsleitungen) bei der Planung und Errichtung der Anlagen (empfohlene Mindestmaße für Behälteröffnungen siehe DGUV Regel 113-004 Anhang 4, vgl. auch FBRCI-005 "Zugangsöffnungen für Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen")
  • Planung des Arbeitsablaufs mit Bestimmung eines Aufsichtsführenden, von Sicherungsposten und für Freimessungen Zuständigen (Auswahl, Ausbildung und Beauftragung von Fachkundigen zum Freimessen erfolgt nach DGUV Grundsatz 313-002)
  • Erstellung eines Erlaubnisscheins (oder Betriebsanleitung) mit festgelegten Maßnahmen durch den Unternehmer oder Aufsichtsführenden mit Unterschriften von Aufsichtsführendem, Sicherheitsposten und ggf. Fremdfirmenverantwortlichen (siehe Mustererlaubnisschein in DGUV Regel 113-004, Anhang 1)
  • Bereitstellung geeigneter Sicherungs- und Rettungsgeräte (vgl. DGUV Information 213-055)
  • Unterweisung aller beteiligten Personen (mit praktischen Übungen einschließlich Rettungsübungen) auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Arbeiten
  • Umsetzungs- und Wirkungskontrolle der festgelegten Maßnahmen (einschl. Unterweisung aller beteiligten Beschäftigten) durch den Aufsichtführenden vor Beginn und während der Arbeiten; Aufhebung der Schutzmaßnahmen durch den Aufsichtsführenden nach Überprüfung, dass alle Personen den engen Raum verlassen haben
  • Sicherung der Arbeitsstelle zum Fernhalten nicht beteiligter Personen
  • Entleeren, Reinigung und Abtrennen der Behälter, Silos und engen Räume
  • Lüftung mit Frischluft (vgl. siehe DGUV Regel 113-004 Anhang 3) und Freimessen
  • Atemschutz (Isoliergeräte, nicht Filtergeräte: vgl. DGUV Regel 112-190), wenn ein Sauerstoffgehalt von mindestens 17 Vol.-% Sauerstoff nicht zuverlässig sichergestellt ist

Arbeitsplätze bei Bauarbeiten unter Tage oder in Schächten sind nach DGUV Regel 101-604, Abschnitte 3.7.4 und 3.8.1 regelmäßig messtechnisch zu überwachen. Für eine Grenzwertüberschreitung (Sauerstoffgehalt unter 19 Vol%) ist ein hinreichend wirksames Maßnahmenkonzept aufzustellen. Für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen sind entsprechende Maßnahmen in DGUV Regel 103-003 beschrieben.

Vorsorge für Rettungsmittel und -maßnahmen

Zur Vorsorge für Unfälle sollten geeignete Rettungs- und Transportmittel vor Ort bereitgehalten werden. Die Zusammenstellung der Rettungsausrüstung muss sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben; dabei ist zu berücksichtigen, ob Beschäftigte bei der Rettung aus Schächten gehoben oder in horizontaler Richtung gezogen werden können.

Geeignete Rettungsausrüstungen werden in DGUV Regel 113-004, DGUV Regel 103 003 und DGUV Regel 112-199 beschrieben, dabei handelt es sich z. B. um

  • ein frei tragbares, von der Umgebungsluft unabhängig wirkendes Atemschutzgerät, das für die Fremdrettung von Personen geeignet ist,
  • PSA gegen Absturz mit integrierter Rettungshubeinrichtung,
  • Rettungstragen und Rettungsschlaufe,
  • Schleifkorb oder Rettungswanne.

Rettungskräfte dürfen nur in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen bzw. in Behälter, Silos und enge Räume ohne Isoliergerät einsteigen, wenn sichergestellt ist, dass keine gefährlichen Gefahrstoffkonzentrationen oder Sauerstoffmangel vorliegen (DGUV Regel 113-004, DGUV Regel 103-003).

Eine schnelle Rettung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn der Beschäftigte den Rettungsgurt bereits während der Arbeiten angelegt hat.

Alarm- und Rettungsplan, Übungen

Aufstellung eines Alarm- und Rettungsplans, um eine schnelle Alarmierung der Rettungskräfte zu gewährleisten.

Die Beschäftigten, insbesondere die Sicherungsposten, sind über die Benutzung der persönlichen Schutzausrüstungen zum Retten zu unterweisen. Die erforderlichen Maßnahmen zur Rettung von in Not geratenen Beschäftigten sind in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, praxisnah zu üben. Ist im Rettungsplan vorgesehen, außerbetriebliche Rettungskräfte, z. B. öffentliche Feuerwehren, in die Rettungsmaßnahmen mit einzubeziehen, sind diese an den Übungen zu beteiligen.

Tätigkeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre

Vor der Einführung der Technologie der Sauerstoffreduzierung ist zu prüfen, ob das Schutzziel (Brandschutz) nicht auch mit anderen, weniger die Gesundheit der Beschäftigten gefährdenden Maßnahmen erreicht werden kann.

DGUV Information 205-006 bestimmt Anforderungen und erforderliche Maßnahmen für Bereiche mit sauerstoffreduzierter Atmosphäre und Tätigkeiten darin, z. B.:

  • Verbot der Einrichtung von ständigen Arbeitsplätzen in sauerstoffreduzierten Bereichen. Der Aufenthalt soll möglichst kurzgehalten werden.
  • Kennzeichnung aller Zugänge mit Warnzeichen gem. ASR A 1.3, die auf sauerstoffreduzierte Atmosphäre und Zugangsbeschränkungen hinweisen (siehe Abbildung 7.3-1)
  • regelmäßige Messung der Sauerstoffkonzentration (mindestens alle zehn Minuten)
  • akustische Alarmierung mit Leuchttableau bei zu niedriger Sauerstoffkonzentration
  • Festlegung organisatorischer Maßnahmen durch den Betreiber (u. a. Betriebsanweisung, schriftliche Festlegung der zugangsberechtigten Personen, Zutrittskonzept, Unterweisung dieser Personen)
  • regelmäßige Prüfungen der Sauerstoffreduzierungsanlage sowie der Messung- und Alarmierungseinrichtungen. Abhängig von der niedrigst möglichen Sauerstoffkonzentration sind weitere Maßnahmen gemäß Tabelle 7.3-3 erforderlich.

Beispielkennzeichnung am Zugang zu einem sauerstoffreduzierten Bereich
Abb. 7.3-1. Beispielkennzeichnung am Zugang zu einem sauerstoffreduzierten Bereich

Tabelle 7.3-3 Erforderliche Maßnahmen bei Tätigkeiten in Räumen mit reduziertem Sauerstoffgehalt gem. DGUV Information 205-006
RisikoklasseSauerstoffkonzentration c
in Vol.-% O2
Sicherheitsmaßnahmen
020,9 > c ≥ 17,0
  • Unterweisung der Mitarbeiter
117,0 > c ≥ 15,0
  • Unterweisung der Mitarbeiter
  • arbeitsmedizinische Untersuchung gemäß Grundsatz G 28 "Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre"
  • nach vier Stunden Aufenthalt Pause von 30 Minuten außerhalb der sauerstoffreduzierten Bereiche
215,0 > c ≥ 13,0
  • Unterweisung der Mitarbeiter
  • arbeitsmedizinische Untersuchung gemäß Grundsatz G 28 "Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre"
  • nach zwei Stunden Aufenthalt Pause von mindestens 30 Mi-nuten außerhalb der sauerstoffreduzierten Bereiche
3< 13,0
  • Betreten ohne spezifische Zusatzmaßnahmen nicht zulässig

Sind diese Maßnahmen nicht zu gewährleisten, ist in Bereichen mit einer Sauerstoff-konzentration < 17 Vol.-% Umgebungsluft unabhängiger Atemschutz zu tragen.

Kohlendioxid in Getränkeschankanlagen

Anforderungen an die Gestaltung und den Betrieb von Getränkeschankanlagen enthalten DGUV Regel 110-007 "Einrichtung und Betrieb von Getränkeschankanlagen" und DGUV Regel 110-001 "Arbeiten in Gaststätten".

Ein unkontrollierter Austritt des Kohlendioxids oder ein Zerknall der Druckgasflaschen muss verhindert werden. Druckgasflaschen von Getränkeschankanlagen müssen deshalb gegen Umfallen oder Herabfallen gesichert sein. Bei der Aufstellung ist zu achten, dass die Druckgasflaschen keiner gefährlichen Wärmeeinwirkung ausgesetzt sind.

Eine gefährliche Konzentration durch Austreten von Druckgas muss vermieden sein (ASI 6.80, Abschnitt 7), z. B. durch

  • Gewährleistung einer ausreichenden natürlichen Be- und Entlüftung der Räume,
  • Installation einer technischen Lüftung (Zu- und Abluftanlage) oder
  • Gaswarneinrichtung.

Druckgasflaschen müssen stehend, mit einem an die Getränkebehälter angeschlossenen geeigneten Druckminderer, betrieben werden.

Mit Druckbehältern dürfen nur Personen umgehen, die unterwiesen sind und von denen zu erwarten ist, dass sie ihre Aufgabe zuverlässig erfüllen.

Zugänge zu Räumen mit Gefährdung durch Druckgase sind deutlich sichtbar mit Warnzeichen gem. Abb. 7.3-2 zu kennzeichnen (ASI 6.80).

Beispielkennzeichnung Warnung vor Erstickungsgefahr
Abb. 7.3-2 Kennzeichnung mit Warnzeichen oder W041 Warnung vor Erstickungsgefahr

Ertrinken

Absturzsicherung

An Arbeitsplätzen und Verkehrswegen an, auf und über dem Wasser oder anderen Stoffen, in denen die Gefahr des Ertrinkens, Erstickens oder Versinkens besteht, müssen unabhängig von der Absturzhöhe Einrichtungen, die ein Abstürzen von Beschäftigten verhindern (Absturzsicherungen), vorhanden sein (ASR A 2.1, Abschnitt 8.2).

Stege, Brücken

Für Bootsübergänge können ausfahrbare Stege und Brücken bis hin zu hydraulisch betriebenen Übersteigeeinrichtungen eingesetzt werden [1].

Lässt die Eigenart des Arbeitsplatzes oder der durchzuführenden Arbeiten eine ständige Sicherung nicht zu, muss die Sicherung gegen Abstürzen oder Hineinstürzen von Beschäftigten auf andere Weise, z. B. durch Fangnetze oder einer geeigneten persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz nach DGUV Regel 112-198 ermöglicht werden.

Persönliche Schutzausrüstungen

Ist das Restrisiko zu ertrinken nicht hinreichend reduziert, sind geeignete Auftriebmittel bereitzustellen (z. B. Rettungswesten nach DIN EN ISO 12402). In Anhang 2 der DGUV Regel 112-201 sind Arbeiten aufgeführt, bei denen Persönliche Schutzausrüstung gegen Ertrinken getragen werden muss oder bei denen Absturzgefahr mit zusätzlicher Gefahr des Ertrinkens besteht. Grundsätzlich sind automatisch aufblasbare Rettungswesten mit mindestens 150 N Auftrieb bereitzustellen (DIN EN ISO 12402-3 „Persönliche Auftriebsmittel; Teil 3: Rettungswesten, Stufe 150; Sicherheitstechnische Anforderungen“), bei Kombination mit anderen PSA wie z.B. Atem- oder Kälteschutz mindestens 275 N Auftrieb (DIN EN ISO 12402-2 „Persönliche Auftriebsmittel; Teil 2: Rettungswesten, Stufe 275; Sicherheitstechnische Anforderungen“). Handauslösende Rettungswesten sind nur zulässig, wenn von automatisch auslösenden Rettungswesten Gefahren ausgehen (z.B. beim Verlassen von Fahrzeugkabinen). Weitere Hinweise zur Bewertung und Auswahl enthält DGUV Regel 112-201.

Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan

Werden auf Baustellen Arbeiten durchgeführt, bei denen die unmittelbare Gefahr des Ertrinkens besteht (besonders gefährliche Arbeit im Sinne des Anhangs II BaustellV), so ist nach § 3 Absatz 2 BaustellV dafür zu sorgen, dass vor Einrichtung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird. In dem Plan müssen die besonderen Maßnahmen für die besonders gefährlichen Arbeiten enthalten sein.

Abwassertechnische Anlagen

Für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen enthält die DGUV Regel 103-003 Anforderungen an Schutzmaßnahmen gegen Gefahren bei starker Wasserführung.

Betriebsanweisung und Unterweisung

Für den Einsatz der persönlichen Schutzausrüstungen gegen Ertrinken ist eine Betriebsanweisung mit Verpflichtung zur Benutzung zu erstellen (DGUV Regel 112-201, Abschnitt 3.5.3). Da es sich hierbei um eine persönliche Schutzausrüstung handelt, die gegen tödliche Gefahren schützen soll, ist nach § 31 DGUV Vorschrift 1 der Inhalt der Betriebsanweisung den Beschäftigten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln (DGUV Regel 112-201, Abschnitt 3.5.5). Unterweisungen mit Übungen sind vor der ersten Benutzung und anschließend nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich durchzuführen. Ziel dieser Übungen ist neben einer sicheren Benutzung der persönlichen Schutzausrüstungen im Rahmen der jeweiligen Arbeitsaufgaben auch das richtige Verhalten in kritischen Situationen.

Prüfung und Instandhaltung

Die Beschäftigten haben die persönlichen Schutzausrüstungen gegen Ertrinken vor jeder Benutzung durch eine Sichtprüfung auf Einsatzbereitschaft und auf äußerlich erkennbare Mängel zu prüfen (DGUV Vorschrift 1).

Die Beschäftigten haben die persönlichen Schutzausrüstungen gegen Ertrinken vor jeder Benutzung durch eine Sichtprüfung auf Einsatzbereitschaft und auf äußerlich erkennbare Mängel zu prüfen (DGUV Vorschrift 1). Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass persönliche Schutzausrüstungen gegen Ertrinken entsprechend den Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, auf ihren einwandfreien Zustand durch eine sachkundige Person geprüft werden (DGUV Regel 112-201, vgl. auch Checkliste für PSA gegen Ertrinken [2])

PSA gegen Ertrinken sind regelmäßig zu warten (in der Regel in Wartungsintervallen von zwei Jahren) (DGUV Regel 112-201, Abschnitt 3.5.6)

nach oben