Psychische Gesundheit: Arbeitspsychologische Perspektive

Beeinträchtigte psychische Gesundheit wird oft als Problem der beteiligten Personen gesehen, die nicht ausreichend belastbar seien. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass psychosoziale Stressfaktoren nicht direkt wirken, sondern unterschiedlich interpretiert und bewertet werden, weshalb Personen in unterschiedlichem Ausmaß Stresssymptome entwickeln. Übersehen wird dabei oft, dass die Bewertung von Stressfaktoren nicht nur individuell ist - sie spiegelt auch allgemein-menschliche und kulturelle Eigenheiten wider, weshalb nicht wenige Stressfaktoren bei vielen Personen Stress auslösen. Man kann nicht einfach sagen: "Stress macht krank", sehr wohl aber: "Stress erhöht das Risiko, krank zu werden". Gravierende Konsequenzen ergeben sich allerdings in der Regel nicht aus einzelnen belastenden Situationen oder Episoden. Kritisch wird es vielmehr dann, wenn die Situation über lange Zeit anhält und keine ausreichende Erholung mehr zulässt. Beteiligt sind daran meist nicht einzelne Stressereignisse als vielmehr Gesamtkonstellationen, in denen den Stressfaktoren nicht genügend Ressourcen gegenüberstehen. Dann steigt das Risiko, dass sich Stresssymptome entwickeln, z. B. Schlafprobleme, muskuloskelettale Verspannungen, Schweißausbrüche, steigende Irritierbarkeit, depressive Verstimmungen, erhöhter Blutdruck. Auf die Dauer wird auch die Leistung beeinträchtigt, obgleich viele die sinkende Leistungsfähigkeit über längere Zeit durch steigende Anstrengung kompensieren. Diese Entwicklungen gehen in der Regel langsam und sind zunächst meist reversibel, bessern sich also, wenn sich die Situation bessert. Wenn sie aber lange Zeit andauern, verfestigen sich die Symptome jedoch und sind nicht mehr ohne weiteres reversibel. Interessante Arbeit, die mit bewältigbaren Herausforderungen verbunden ist, ausreichend Erholung, Unterstützung und Anerkennung sowie gute berufliche Perspektiven sind Elemente, die nicht nur der Gesundheit der Beschäftigten sondern auch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unternehmen zuträglich sind.

Dieser Artikel ist im Journal "Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin : ASU, Zeitschrift für medizinische Prävention", Volume 53, Ausgabe Dezember 2018, S. 54-56 erschienen.

Bibliografische Angaben

Titel:  Psychische Gesundheit: Arbeitspsychologische Perspektive. 

Verfasst von:  N. K. Semmer

in: Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin : ASU, Zeitschrift für medizinische Prävention, Volume 53, Ausgabe Dezember 2018, 2018.  Seiten: 54-56, Projektnummer: F 2353

Download Artikel "Psychische Gesundheit: Arbeitspsychologische Perspektive" (PDF, 83 KB, Datei ist nicht barrierefrei)

Weitere Publikationen

Sonderheft "Psychische Gesundheit" der ASU - Zeitschrift für medizinische Prävention

Aufsatz 2018

Mit dem Projekt "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt" hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) eine systematische wissenschaftliche Standortbestimmung zum Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und psychischer Gesundheit vorgenommen. Ziel war es, dieses …

Zur Publikation

Weitere Informationen

Forschungs­projekte

ProjektnummerF 2353 StatusAbgeschlossenes Projekt Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Wissenschaftliche Standortbestimmung

Zum Projekt

Forschung abgeschlossen